1. Experiment ist im WACKER-Schulversuchskoffer enthalten

nein

 2. Versuchsvorschrift wurde modifiziert

/

 3. Eigene Versuchsvorschrift wurde entwickelt

ja

 4. Video-Clip verfügbar

nein

 5. Flash-Animation verfügbar

nein

UV-Strahlenbeständigkeit von Silicongummi im Vergleich zu anderen Elastomeren

Anfang2 Versuchsdurchführung und -beobachtung 1 Materialien, Chemikalien, Zeitbedarf
  • Quecksilberhochdruckbrenner TQ 150 mit Kühlschacht aus Quarz z.B. von der Fa. Hanau (vgl. Spektrum dieser Lampe in der Tabelle)
  • Pappkarton
  • Federwaage + Quetsche
  • Tesafilm
  • Hebebühne
  • Glasstab
  • Petrischale
  • Mikroskop
  • Teppichmesser
  • Stoppuhr
  • verschiedene Gummiproben, z.B. Fahrradschlauch, Gummischlauch (Laborschlauch), Naturlatex
  • verschiedene Silicongummiproben aus dem WACKER-Schulversuchskoffer, z.B. HTV.
Für Vorbereitung und Untersuchung einer einzelnen Probe ist mit ca. 15 Minuten zu rechnen. Die Bestrahlung an sich dauert noch einmal 30 Minuten. Insgesamt sollte pro Probe eine ¾ Stunde eingeplant werden.
Anfangweiter 2 Versuchsdurchführung und -beobachtung
Offene UV-Strahlung ist unbedingt zu vermeiden, da das emittierte Licht Augen und Haut in kurzer Zeit schädigen kann. Bei der Bestrahlung kann Ozon entstehen. Beim Arbeiten mit der angegebenen Quarzlampe muss daher im Abzug und mit UV-Schutz (durch Abdeckung mit einem Pappkarton oder mit Aluminiumfolie) gearbeitet werden!
Anfangweiter Die Versuchsapparatur wird gemäß der oben angegebenen Versuchsskizze im Abzug aufgebaut. Die Petrischale wird mithilfe des Laborboys so nah wie möglich an die Strahlungsquelle heran gebracht. Um vergleichbare Ergebnisse zu erhalten, wird dieser Abstand (Petrischale zu Strahlungsquelle) während der gesamten Versuchssequenz nicht mehr verändert.
Die Apparatur wird während der Bestrahlung mit einem zurecht geschnittenen Pappkarton abgedeckt.

Vor der Bestrahlung werden die verschiedenen Elastomerproben in Form eines Rechtecks zurecht geschnitten und die Reißfestigkeit der Proben wird qualitativ mit der Hand und bei einer Zugkraft von 10 N untersucht.
Dann wird der Prüfkörper mit Hilfe von Tesa-Streifen bei einer Zugkraft von 10 N an den Glasstab befestigt. Diesen legt man mit dem Prüfkörper nach oben auf die Petrischale (vgl. rechtes Foto + Skizze). Nun wird die Elastomerprobe 30 Minuten lang bestrahlt und anschließend auf mechanische, makroskopische und mikroskopische Veränderungen hin untersucht.
Dieser Vorgang wird analog mit den verschiedenen Proben wiederholt.

Bei mehreren Referenzversuchen wurden folgende reproduzierbare Beobachtungen gemacht:
Anfangweiter 1) Naturlatex: (Kraft = 1 N, Breite = ca. 1 cm)
Die Naturlatexprobe wurde nur mit einer Zugkraft von 1 N gespannt, da sonst die Probe zu lang wird.
Durch die Bestrahlung werden die Eigenschaften des Naturgummis stark verändert.
Makroskopisch reißt die Probe unter der Belastung und färbt sich weißlich. Die Oberfläche der Probe wird klebrig.
Unter dem Mikroskop kann beobachtet werden, dass durch die Bestrahlung eine netzartige Struktur aus schwarzen Linien entstanden ist (vgl. Foto 2).
Vor der Bestrahlung war die Probe bis auf einige Schmutzteilchen transparent (vgl. Foto1).
Anfangweiter 2) Fahrradschlauch: (Kraft = 10 N, Breite = ca. 0,9 cm)
Bei der 30 minütigen Bestrahlung der Fahrradschlauchproben konnten keine makroskopischen, mikroskopischen (vgl. Fotos 3 und 4) oder mechanischen Veränderungen beobachtet werden.
Die Unterschiede in der Helligkeit der beiden Fotos sind auf unterschiedliche Lichtintensitäten bei der Aufnahme der Fotos zurückzuführen.

3) Silicongummi HTV(b): (Kraft = 10 N, Breite = ca. 0,5 cm)
Bei der 30 minütigen Bestrahlung der HTV(b)-Proben konnten keine makroskopischen, mikroskopischen oder mechanischen Veränderungen beobachtet werden.
Leider konnten keine mikroskopischen Bilder aufgenommen werden, da aufgrund der Beschaffenheit der Proben kein scharfes Bild erzielt werden konnte.

Anfangweiter 4) Silicongummi HTV(s): (Kraft = 10 N, Breite = ca. 0,5 cm)
Bei der 30 minütigen Bestrahlung der HTV(s)-Proben konnten keine makroskopischen, mikroskopischen (vgl. Fotos 5 und 6) oder mechanischen Veränderungen beobachtet werden.

Das unterschiedliche Aussehen der beiden Mikroskopaufnahmen kann mit Unterschieden in der Lichtintensität und mit der durch das Zuschneiden entstandenen unterschiedlichen Struktur (parallel verlaufende Streifen) erklärt werden. Die unter dem Mikroskop erkennbaren Streifen waren bereits vor der Bestrahlung vorhanden und sind durch das Schneiden der Probe entstanden.

Anfangweiter 5) Silicongummi HTV(w): (Kraft = 10 N, Breite = ca. 0,5 cm)
Bei der 30 minütigen Bestrahlung der HTV(w)-Proben konnten keine makroskopischen, mikroskopischen (vgl. Fotos 7 und 8) oder mechanischen Veränderungen beobachtet werden.

Das unterschiedliche Aussehen der beiden Mikroskopaufnahmen kann mit Unterschieden in der Lichtintensität und mit der durch das Zuschneiden entstandenen unterschiedlichen Struktur erklärt werden. Die unter dem Mikroskop erkennbaren Streifen waren bereits vor der Bestrahlung vorhanden und sind durch das Schneiden der Probe entstanden.

Anfangweiter 6) Gummischlauch (Laborschlauch): (Kraft = 10 N, Breite = ca. 1 cm)
Bei der Bestrahlung der Gummischlauchproben wurden unterschiedliche Ergebnisse beobachtet. In der Mehrzahl der Versuche veränderte sich die mikroskopische Struktur der Proben durch die Bestrahlung dahingehend, dass nach der Bestrahlung Längslinien und eine angedeutete Gitterstruktur zu erkennen sind (vgl. Fotos 9 und10).
In einigen Fällen konnten jedoch keine Veränderungen beobachtet werden.
Bei allen untersuchten Gummischlauchproben wurden weder makroskopische noch mechanische Veränderungen festgestellt.

Ein möglicher Grund für die abweichenden Beobachtungen kann in den unterschiedlichen Zugspannungen der einzelnen Proben gefunden werden. Da die Größe der Proben nicht exakt gleich ist und der Tesafilm etwas nachgibt, weicht die Zugkraft zwischen den einzelnen Proben immer ein wenig ab und entspricht nur ungefähr 10 N.
Bei einer näheren Untersuchung wurde festgestellt, dass die mikroskopisch feststellbaren Veränderungen stark vom Abstand zwischen der Probe und der Strahlungsquelle abhängt.

Anfang3 Versuchsauswertung Die Versuchsergebnisse sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst:

Probe Beobachtung bei 30 minütiger Bestrahlung
Latex Naturgummi wird von UV-Strahlung in seinen makroskopischen, mikroskopischen und mechanischen Eigenschaften stark verändert.
Fahrradschlauch Keine erkennbaren Veränderungen
Gummischlauch
(Laborschlauch)
Beim Gummischlauch sind mikroskopische Veränderungen zu beobachten. Die makroskopischen und mechanischen Eigenschaften bleiben dagegen unverändert.
HTV(b) Keine erkennbaren Veränderungen
HTV(s) Keine erkennbaren Veränderungen
HTV(w) Keine erkennbaren Veränderungen

Anfang4 Tipps und Anmerkungen 3 Versuchsauswertung

Die erhaltenen Versuchsergebnisse sind in guter Übereinstimmung mit den Literaturangaben über das Verhalten verschiedener makromolekularer Verbindungen bei der Bestrahlung mit UV-Licht.
Während Silicone gegen UV-Strahlung beständig sind, wird Gummi, das Naturkautschuk (cis-1,4-Polyisopren) enthält, durch UV-Strahlung mehr oder weniger stark verändert und vor allem in seinen elastischen Eigenschaften geschädigt. Diese Veränderungen sind chemischer Natur und werden durch die energiereiche UV-Strahlung eingeleitet (vgl. auch 5 Ergänzende Sachinformation). In Gegenwart von Sauerstoff wird Naturkautschuk bereits bei Bestrahlung mit sichtbarem Licht, erst recht aber bei UV-Bestrahlung, photochemisch oxidiert (Photooxidationen). Dies bewirkt zunächst eine Verringerung der Molekulargewichts (also eine Fragmentierung der Makromoleküle) und später eine Vernetzung der Bruchstücke. Das Material wird weich und an der Oberfläche klebrig, später entsteht eine spröde Schicht. Durch die Einwirkung von Licht werden einige C-H Bindungen aus den Makromolekülen des Naturkautschuks homolytisch gespalten (bevorzugt reagieren in dieser Weise C-H Bindungen aus allylischen Positionen, d.h. in α-Stellung zu Kohlenstoff-Kohlenstoff Doppelbindungen). Bei dieser Homolyse entstehen Radikale, die Kettenreaktionen auslösen, an denen auch Sauerstoff beteiligt ist. Man spricht von Autoxidation. Die Primärprodukte der Autoxidation sind Bruchstücke der ursprünglichen Makromoleküle, die nun als Hydroperoxide R-O-OH oder als Peroxide R-O-O-R vorliegen (vgl. Reaktionsschemata). Diese Primärprodukte sind im allgemeinen nicht stabil und zerfallen in Folgeprodukte.
Anfangweiter Zusätzlich zu der oben beschriebenen Autoxidation ist beim Naturkautschuk aufgrund der in den Polymerketten häufig vorhandenen Kohlenstoff-Kohlenstoff Doppelbindungen und der räumlichen Nähe der Polymerketten auch die so genannte photochemische [2+2]-Cycloaddition als Reaktionstyp denkbar.
Diese Reaktion verläuft am Beispiel der Dimerisierung zweier cis-1,4-Polyisoprenmoleküle (Naturkautschuk) nach dem folgenden Reaktionsschema:
Anfang4 Tipps und Anmerkungen Mit diesen beiden Reaktionstypen (Autoxidation und [2+2]-Cycloaddition) können die Veränderungen des Latex und des Gummischlauchs (Laborschlauchs) erklärt werden, da dieser nach Angabe des Herstellers aus einer Mischung von Naturgummi und Butadien-Styrol-Gummi (BSR) besteht. Dass bei dieser Probe, im Vergleich zum Latex, die Veränderungen nicht so ausgeprägt sind, kann auf die größere Dicke und auf den höheren Vulkanisationsgrad der Gummischlauchprobe zurückgeführt werden. Bei längerer Bestrahlung sollten sich auch bei dieser Probe die Eigenschaften stärker verändern. Da der Versuch jedoch in einer Schulstunde durchführbar sein soll, wurden die Auswirkungen einer längeren Bestrahlung nicht untersucht.
Die Beständigkeit des Fahrradschlauches gegen UV-Bestrahlung beruht auf zwei Merkmalen: Erstens ist das Gummi des Fahrradschlauchs so genannter Butylkautschuk, ein Copolymer aus nur 1 bis 3 % Isopren (2-Methyl-butadien) und 97 bis 99 % Isobuten. Im Butylkautschuk sind demnach weitaus weniger C=C Doppelbindungen als im Naturkautschuk, also auch weitaus weniger Atomgruppen, bei denen die Autoxidation und die [2+2]-Cycloaddition erfolgen kann. Zweitens enthält das Gummi des Fahrradschlauchs Russ als Zusatz, um die mechanischen Eigenschaften und die Abriebfestigkeit des Schlauches zu verbessern. Der Russ absorbiert aber auch Licht jeder Wellenlänge (schwarze Farbe) und verringert damit die Anzahl der zu Abbaureaktionen führenden Photonen. Man kann auch bei Gummi mit höherem Anteil an Naturkautschuk (cis-1,4-Polyisopren) die UV-Strahlenbeständigkeit durch Zusatz von Russ erhöhen.

Anfang5 Ergänzende Sachinformationen 4 Tipps und Anmerkungen

  • Anhand des Versuches machen die Schüler die Erfahrung, dass bei Bestrahlung von Elastomeren photochemische Reaktionen stattfinden können, die die Eigenschaften des Elastomers nachteilig verändern. Im Versuch werden die Gummi-Proben wesentlich drastischeren Bedingungen ausgesetzt als in der Wirklichkeit (kurzwellige und intensive UV-Strahlung). Insofern handelt es sich um ein typisches Experiment, das der Prüfung von Materialeigenschaften dient.
  • Für den Schulunterricht gibt es als Einstieg in die Wechselwirkung zwischen Licht und Stoffen und in photochemische Reaktionen einfachere Beispiele als die aus diesem Versuch. Die hier dargestellten Ergebnisse können aber in Facharbeiten und / oder Jugend-forscht Arbeiten übernommen und durch weitere Experimente ergänzt werden.

AnfangEnde 5 Ergänzende Sachinformationen

Ausgangspunkt für die chemischen Reaktionen von Kunststoffen bei Einwirkung von sichtbarem Licht und von UV-Strahlung sind die durch Absorption der elektromagnetischen Strahlung hervorgerufenen elektronischen Anregungen in den Molekülen (vgl. dazu auch <"http://www.chemiedidaktik.uni-wuppertal.de/"> Licht und Farbe, Licht und Energie).
Moleküle befinden sich unter normalen Bedingungen, d.h. bei Raumtemperatur und ohne Einwirkung von Licht, im elektronischen Grundzustand (vgl. Abb. 1). Dabei sind die erlaubten Energiestufen im Molekül lückenlos von unten nach oben mit je einem Elektronenpaar besetzt. Die höchste besetzte Energiestufe wird in der Molekülorbitaltheorie als HOMO (highest occupied molecular orbital) bezeichnet. In Abbildung 1 ist die Besetzung des HOMO durch die beiden Pfeile mit entgegengesetzter Richtung gekennzeichnet, was bedeutet, dass die beiden Elektronen entgegengesetzten Spin haben. Die nächste über dem HOMO liegende und für das Molekül erlaubte, aber im Grundzustand nicht mit Elektronen besetzte Energiestufe wird als LUMO (lowest unoccupied molecular orbital) bezeichnet.

Durch Absorption eines Photons, dessen Energie beträgt, also genau der Energiedifferenz zwischen LUMO und HOMO entspricht, geht das Molekül nun vom Grundzustand in den angeregten Zustand über. Beim Sprung des Elektrons aus dem HOMO ins LUMO, der ca. 10-15 s dauert, wird der Spin des Elektrons erhalten.
Anfangweiter Der angeregte Zustand ist ein so genannter Singulett-Zustand (vgl. Abbildung 2; auf die Erklärung des Begriffs Singulett wird hier verzichtet). Aus dem so erreichten angeregten Singulett-Zustand kann das System (das angeregte Molekül) innerhalb von ca. 10-9 s wieder unter Ausstrahlung eines Lichtquants (Fluoreszenz) oder durch Abgabe von Wärme in den Grundzustand zurückkehren. Es kann aber auch chemisch reagieren, beispielsweise durch die homolytische Spaltung einer Bindung. Der erste Schritt bei der Autoxidation, die Homolyse der C-H Bindung, ist eine solche photochemisch induzierte Reaktion aus dem angeregten Singulett-Zustand.

Anfang6 Literatur Unter bestimmten Bedingungen (die hier nicht näher erläutert werden) kann das angeregte Elektron seinen Spin umkehren. Der dabei gebildete angeregte Triplett-Zustand (vgl. Abbildung 3) hat mit 10-3 bis 101 s eine wesentlich längere Lebensdauer als der Singulett-Zustand. Der Grund dafür ist, dass die Rückkehr aus dem angeregten Triplett-Zustand in den Grundzustand dem Spinverbot unterliegt und somit sehr viel unwahrscheinlicher ist als die Rückkehr aus dem angeregten Singulett-Zustand in den Grundzustand.
Wenn angeregte Moleküle aus dem Triplett-Zustand durch Emission von Lichtquanten desaktiviert werden, beobachtet man die so genannte Phosphoreszenz, die länger anhält als die Fluoreszenz. Wegen ihrer relativ langen Lebensdauer können sich angeregte Moleküle im Triplett-Zustand auch an bimolekularen Reaktionen beteiligen, d.h. an Reaktionen, die den Stoß des angeregten Moleküls mit einem anderen Molekül voraussetzen. Bei den weiter oben beschriebenen photochemischen Reaktionen in Elastomeren auf der Basis von Naturkautschuk (cis-1,4-Polyisopren) sind aller Wahrscheinlichkeit nach auch Triplett-Zustände beteiligt, insbesondere bei den bimolekular verlaufenden Reaktionsschritten.
Anfangende  6 Literatur
  • M. Tausch, M. von Wachtendonk (Hrsg.), CHEMIE S II, STOFF-FORMEL-UMWELT, C.C. Buchner, Bamberg (1993), (1998), S. 297 - 302
  • D. Wöhrle, M. W. Tausch, W.-D. Stohrer, PHOTOCHEMIE - Konzepte, Methoden, Experimente, Wiley-VCH, Weinheim (1998)
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