1. Experiment ist im WACKER-Schulversuchskoffer enthalten

ja

 2. Versuchsvorschrift wurde modifiziert

nein

 3. Eigene Versuchsvorschrift wurde entwickelt

nein

 4. Video-Clip verfügbar

nein

 5. Flash-Animation verfügbar

nein

 6. Weitere Materialien: Arbeitsblätter 4, Arbeitsblatt 5, Folie DH7Folie B18

Kaltvulkanisierende 2-Komponenten Siliconkautschuke

Anfang2 Versuchsdurchführung und -beobachtung 1 Materialien, Chemikalien, Zeitbedarf
  • Waage
  • 4 kleine Bechergläser (Es empfiehlt sich alte Gläser zu verwenden, da die Reinigung der Gläser sehr schwierig ist und immer eine dünne Siliconschicht zurück bleibt.)
  • verschiedene Münzen als Modell (Es bieten sich auch andere Gegenstände als Modelle an.)
  • 5 Kaffeebecher aus Pappe mit flachem Boden
  • Spachtel
  • Glasstab
  • Trockenschrank
  • Schere

Die drei Chemikalien sind im WACKER-Schulversuchskoffer enthalten.

Die Herstellungszeit der Kautschukmassen beträgt jeweils ca. 15 Min. Die Vulkanisationszeiten schwanken je nach Temperatur zwischen 5 Minuten (150 °C) und mehreren Stunden (23 °C). Der Versuch erstreckt sich demnach über zwei Tage, wobei die eigentliche Versuchsdauer ca. 1 Stunde beträgt. Die Zeit zur Erstellung einer Reproduktion hängt vom verwendeten Reproduktionswerkstoff ab.

Anfangweiter 2 Versuchsdurchführung und -beobachtung
Zur Herstellung der Abformmasse ELASTOSIL® M 4601 werden die Komponenten M 4601 A und M 4601 B im Mischungsverhältnis 9:1 (Gewichtsteile) getrennt eingewogen und anschließend miteinander vermischt, bis eine einheitliche, weinrote Färbung entstanden ist.
Für die Herstellung der Abformmasse ELASTOSIL® M 4400 wiegt man die benötigte Menge ELASTOSIL® M 4400 (Referenzversuch 50,6 g) ab und setzt unter Rühren 2 bis 3 Gewichtsprozent (Referenzversuch 1,3 g) Härter T 37 zu. Dabei entsteht eine gelbe zähfliessende Masse.
Zur Abformung schneidet man die Kaffeebecher so zurecht, dass nur der Boden mit einem ca. 2 cm hohen Rand übrig bleibt. Dann legt man die Münze auf den Boden des Bechers und füllt den Becher bis zum Rand mit der jeweiligen Abformmasse. Für jede Abformmasse stellt man so zwei bzw. drei (ELASTOSIL® M 4400) Ansätze her. Einen Ansatz lässt man bei ca. 100 °C im Trockenschrank, den anderen bei Raumtemperatur aushärten. Den dritten Ansatz ELASTOSIL® M 4400 lässt man bei 55 °C im Trockenschrank aushärten.
Zusätzlich werden die Massen der Ansätze vor und nach der Vulkanisation bestimmt. Die Zeit bis zum vollständigen Aushärten der Masse (Vulkanisationszeit) wird notiert. Nach Ablauf der Vulkanisation wird das Modell entformt und der entstandene Silicongummiabdruck untersucht (Elastizität, Aussehen). Mithilfe von Gips kann nun ein Positivabdruck des Modells erzeugt werden.

Anfangweiter Man kann beobachten, dass mit zunehmender Temperatur die Vulkanisationszeit von ELASTOSIL® M 4601 (Additionsvernetzung) stark abnimmt.
Im Gegensatz dazu härtet ELASTOSIL® M 4400 (Kondensationsvernetzung) bei 100 °C erst gar nicht aus. Die Vernetzung von ELASTOSIL® M 4400 bei 55 °C verläuft zwar schneller als bei Raumtemperatur, ist jedoch nicht so stark temperaturabhängig wie bei ELASTOSIL® M 4601.
Weiterhin kann man feststellen, dass die Masse der ELASTOSIL® M 4400 Ansätze etwas abnimmt, während die Masse bei der Additionsvernetzung gleich bleibt.

Bei einem Referenzversuch wurden folgende Beobachtungen festgehalten:

 
ELASTOSIL® M 4601
ELASTOSIL® M 4400
 
25 °C
103 °C
25 °C
55 °C
103 °C
Vulkanisationszeit
1 Tag
(ca.12 h)
ca. 15 min.
1 Tag
(9 - 12 h)
ca. 1 h
keine Aushärtung
Masse vor der Vulkanisation
20,1 g
27,4
24,0 g
27,2 g
/
Masse nach der Vulkanisation
20,1 g
27,4
23,9 g
27,1 g
/
Masseabnahme
0 %
0 %
0,42 %
0,36 %
/
Anfang3 Versuchsauswertung Bei beiden Vernetzungsarten erhält man nach der Vulkanisation sehr genaue blasenfreie Abbildungen der verwendeten Münzen. Die entstandenen Schablonen zeigen beide elastisches Verhalten. Mit Gips erhält man sehr genaue Duplikate der verwendeten Münzen.

Anfangweiter 3 Versuchsauswertung

Die beobachteten Ergebnisse lassen sich sehr gut mit den Reaktionsschemata der beiden Vernetzungsreaktionen erklären (siehe weiter unten).
Für RTV-2 Siliconkautschuke gibt es zwei mögliche Vulkanisationsarten, die Kondensationsvernetzung und die Additionsvernetzung.
Bei der Kondensationsvernetzung reagiert a,w-Dihydroxypolydimethylsiloxan reversibel mit Kieselsäureestern in Anwesenheit von Katalysatoren wie Dibutylzinndilaureat oder Zinndiacetat unter Abspaltung von Essigsäure nach folgendem Reaktionsschema:
Anfangweiter Die Additonsvernetzung beruht dagegen auf der Addition von Si-H an Doppelbindungen. Dabei werden Salze und Komplexe des Platins (Palladiums oder Rhodiums) als Katalysatoren verwendet. Bei Verwendung von Olefinkomplexen der Platinmetalle läuft die Reaktion schon bei Zimmertemperatur ab. Bei Verwendung von stickstoffhaltigen Platinkomplexen bedarf es höherer Reaktionstemperaturen.
Anfangweiter Die wichtigsten Unterschiede in den Reaktionsbedingungen der beiden Vernetzungsarten ist in der folgenden Übersicht zusammengefasst.
Kondensationsvernetzung Additionsvernetzung
Mischungsverhältnis von Siliconkautschuk und Härter in Grenzen variabel Mischungsverhältnis der beiden Kautschukkomponenten festgelegt
Vernetzer und Katalysator sind beide im Härter enthalten Vernetzer (H-Siloxan) in Kautschukkomponente A, Katalysator in Kautschukkomponente B
Vulkanisationsstörungen nur durch Mangel an Wasser Vulkanisationsstörungen durch verschiedene Substanzen (Schwefelverbindungen etc.)
Geringer Temperatureinfluss auf die Vulkanisationsgeschwindigkeit Starker Temperatureinfluss auf die Reaktionsgeschwindigkeit
Chemische Schrumpfung durch Abspaltung von Alkohol bei der Vernetzung Praktisch schrumpffrei
Depolymerisation durch Spaltprodukte (Alkohol) schon ab 80 °C möglich Keine Reversion möglich
Lange Verarbeitungzeit und damit lange Vulkanisationszeit Bei langer Verarbeitungszeit schnelle Aushärtung bei höheren Temperaturen möglich
(Diese Tabelle wurde nach Lit. [2], S.48 zusammengestellt)
Bei der Kondensationsreaktion entsteht Alkohol, der verdampft. Daher schrumpft die Form bei der Vulkanisation und die Masse verringert sich.
Bei der Kondensationsvernetzung handelt es sich um eine Gleichgewichtsreaktion. Ab 80 °C liegt das Gleichgewicht auf der linken Seite und es kommt zu einer Umkehrung der Vernetzungsreaktion. Das System bleibt klebrig und flüssig.
Bei der Additionsreaktion entsteht kein Kupplungsprodukt. Somit ist hier auch keine Massenabnahme zu beobachten. Die Reaktion verläuft irreversibel.
Durch Temperaturerhöhung wird bei beiden Vernetzungstypen die Reaktions- und damit die Vernetzungsgeschwindigkeit erhöht. Dabei hat eine Temperaturerhöhung bei ELASTOSIL® M 4601 einen größeren Effekt auf die Reaktionsgeschwindigkeit als bei ELASTOSIL® M 4400. Dies kann auf die unterschiedlichen Reaktionsmechanismen zurückgeführt werden.
Die Elastizität der beiden Silicongummis kann mit den entstandenen Querverbindung zwischen den Silicon-Makromolekülen erklärt werden.

Anfang5 Ergänzende Sachinformationen 4 Tipps und Anmerkungen

  • Bei der Reproduktion mit Gips, kann bei neuen Formen eine Blasenbildung am Gips durch Vorbehandlung mit Seife verhindert werden.
  • Versuche mit dem Reproduktionswerkstoff Zinn verliefen erfolglos, da sich ELASTOSIL® M 4400 bei der Schmelztemperatur des Zinns instabil verhält und wieder klebrig wird. ELASTOSIL® M 4601 bleibt dagegen stabil. Es konnten aber auch hier keine zufriedenstellenden Reproduktionen erstellt werden, da diese immer wieder Luftblasen enthielten.
  • Durch diesen Versuch kann das Prinzip der Vulkanisation bei der Herstellung von Silicongummi demonstriert und zur Reproduktion von Gegenständen genutzt werden. Ein Vergleich mit der Vulkanisation von Naturkautschuk bietet sich an.
  • Die Reaktionsgleichungen können zwar nicht direkt anhand der Versuchsergebnisse von den Schülern aufgestellt werden. Wenn sie aber durch die Lehrperson bekannt gegeben werden, sollte es möglich sein, sie zu verstehen, da die Kondensations- und die Additonsreaktion im Unterricht behandelt werden. Die an anderen Reaktionsbeispielen erworbenen Kenntnisse über diese beiden Reaktionstypen können sinnvoll am Beispiel der Darstellung von Siliconelastomeren angewendet werden.
  • Der Versuch ist einfach und sicher durchführbar und eignet sich daher gut als Schülerversuch. Es bietet sich an, den Versuch in Gruppen durchzuführen wobei die eine Gruppe mit dem Reproduktionswerkstoff ELASTOSIL® M 4400 und die andere Gruppe mit dem Reproduktionswerkstoff ELASTOSIL® M 4601 arbeitet.

AnfangEnde 5 Ergänzende Sachinformationen

Die elastischen Eigenschaften von Elastomeren sind auf wenige Querverbindungen zwischen den Molekülketten zurückzuführen (siehe Strukturschema im Kasten). Diese Querverbindungen werden durch Vernetzungsreaktionen zwischen den Makromolekülen hergestellt.
Naturkautschuk (cis-1,4-Polyisopren) wird mit Schwefel bei 150 °C vernetzt. Dabei entstehen Brücken aus mehreren Schwefelatomen, die die Polyisopren-Moleküle miteinander vernetzen. Der Vorgang der Vernetzung wird auch Vulkanisation genannt.

Bestimmte Siliconpolymere, so genannte Siliconkautschuke können ebenfalls zu Elastomeren, so genannten Silicongummi, vernetzt werden.
Chemische Basis der Siliconkautschuke sind lineare Siliconöle mit Hydroxy-, Vinyl- oder anderen reaktiven Gruppen. Im Kasten ist ein Silicon-Molekül mit Vinyl-Gruppen dargestellt. Diese Polymere lassen sich bei Raumtemperatur oder höheren Temperaturen auf verschiedene Weise vernetzen, wobei mehr oder weniger weitmaschige Strukturen mit ausgeprägtem elastischen Verhalten entstehen. Im Versuch werden zweikomponentige Raumtemperaturvernetzende Siliconkautschuke, so genannte RTV-2 Siliconkautschuke verwendet.
Siliconkautschuke besitzen einige besondere Eigenschaften. Dazu gehören in erster Linie:

  • Elastisches Verhalten mit geringer Abhängigkeit von der Temperatur
  • Hohe Hitze- und Kältebeständigkeit
  • Geringfügige Änderung der mechanischen Werte mit der Temperatur
  • Flammfestigkeit
  • Elektrische Eigenschaften zur Isolierung
  • Hohe Chemikalien- und Ölbeständigkeit
  • Antiadhäsive Oberflächeneigenschaften, also hohe Trennwirkung
  • Gasdurchlässigkeit
  • Gute Dämpfungseigenschaften bei Schock- und Geräuschdämpfung
  • Vielseitigkeit durch Variation der organischen Reste

Anfangende  6 Literatur
A. Tomanek: Silicone & Technik, Ein Kompendium für Praxis, Lehre und Selbststudium, Hanser, München, Wien (1990)
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