Die Müller-Rochow Synthese von Chlormethylsilanen
Die großtechnische Synthese von Methylsiliconen erfolgt
fast ausschließlich nach dem Müller-Rochow-Verfahren. Dabei wird Silicium
mit Chlormethan umgesetzt. Die Reaktion läuft unter dem katalytischen
Einfluss von Kupfer bei Temperaturen zwischen 250 - 300 °C ab. Die wichtigsten
Rohstoffe für die Siliconherstellung sind also Sand, Erdöl und Salz.
Für eine wirtschaftliche Umsetzung müssen an das eingesetzte
Silicium bestimmte Anforderungen gestellt werden. Die Reinheit muss mindestens
97 % betragen, die Korngrößen müssen zwischen 45 - 250 µm liegen.
Reineres Silicium würde zu trägeren Umsetzungsraten führen, während bei
einer Reinheit < 95 % das Rohsilangemisch ungünstige Zusammensetzungen
annehmen würde.
Insgesamt ist die Müller-Rochow Synthese sehr
sensibel in Bezug auf Fremdmetalle. Am besten spricht sie auf Kupferanteile
an. Allerdings wirkt sich ein zu hoher Kupferanteil (zwischen 20 %
und 80 %) negativ aus. Die Reaktion springt dadurch zwar sehr schnell
an, aber es kommt wegen des zu schnellen Siliciumverbrauchs zu einem schlechten
Umsetzungsgrad. Andere Metalle wie z. B. Aluminium oder Blei führen bereits
in sehr geringen Spuren zu unerwünschten Produkten. Durch Zugabe von ZnCl2 oder ZnSO4 in Mengen bis zu 0,2 % wird versucht, dem entgegen
zu wirken. Auf diese Weise sollen die Aktivität und die Selektivität bei
der Reaktion gesteigert werden. Während geringe Spuren von Blei bereits
inhibierend wirken, ist Antimon ein Promotor und bewirkt bei geeigneter
Dosierung eine beschleunigte Umsetzung der Edukte.
Neben den Metallen beeinflussen auch einige Gase die
Synthese, indem sie die Selektivität der Reaktion erhöhen. Zu diesen Gasen
zählen beispielsweise HCl oder H2. Je nach Dosierung enthält
das Reaktionsgemisch dann halogenreichere oder halogenärmere Silane.
Zur Herstellung der Kontaktmasse verwendet man entweder
Silicium-Kupfer-Legierungen oder ein Gemisch aus beiden Metallen, das
fein vermahlen wird. Die genaue Wirkungsweise des Kupfers ist nicht aufgeklärt,
aber man nimmt an, dass die Direktsynthese über folgenden Übergangszustand
abläuft:
Da nur in einem Temperaturbereich zwischen 250 - 300 °C hohe Raum-Zeit-Ausbeuten und hohe Ausbeuten des wichtigen Dichlordimethylsilans
erzielt werden können, bedarf die stark exotherme Reaktion einer genauen
Temperaturkontrolle. Dies realisiert man entweder über einen Reaktorkühlmantel
oder Zugabe von Inertgas.
Genauso wichtig wie die Kühlung ist eine gute Durchmischung
der Kontaktmasse im Chlormethanstrom. Dadurch vermeidet man lokale Überhitzungen.
Um all diesen verfahrenstechnischen Anforderungen zu genügen, arbeitet
man heute fast ausschließlich mit Wirbelschichtreaktoren. Hierbei wird
die Kontaktmasse in den Reaktor eingebracht und bei 280 °C mit einem kräftigen,
tangentialen Chlormethanstrom verwirbelt. Dabei wirkt die starke Verwirbelung
des Gases etwaigen Überhitzungen im Fließbett entgegen. Feste Teilchen
lassen sich abtrennen. Am Ende des Reaktors läßt sich das Rohsilangemisch
von nicht umgesetztem Chlormethan durch Kondensation trennen. Während
die Silane mittels Kolonnendestillation weiter aufgetrennt werden, wird
das überschüssige Chlormethan erneut dem Syntheseprozess zugeführt.
Die folgende Abbildung zeigt den oben beschriebenen Silansyntheseprozess
nach Müller-Rochow schematisch:
Der günstigste Druckbereich für die Silansynthese liegt zwischen 1 -
5 bar.
In modernen Wirbelschichtreaktoren können jährlich bis
zu 40000 t Rohsilan hergestellt werden. Diese Silangemische haben in etwa
eine Zusammensetzung, wie sie in der folgenden Abbildung zu sehen ist:
Die Reinigung des Rohsilangemisches erfolgt durch Destillation
in mehreren hintereinandergeschalteten Kolonnen. Dabei ist der Reinheitsgrad
von Dichlordimethylsilan besonders entscheidend. Bereits geringe Anteile
von trifunktionalen Silanen würden später zu Vernetzungsreaktionen führen.
Anteile von monofunktionalen Silanen hätten kettenabrechende Wirkungen
zur Folge.
Die folgende Tabelle gibt eine Übersicht über die auftretende
Silanpalette und deren Siedepunkte:
Name |
Formel |
Siedepunkt |
Chlordimethylsilan |
(CH3)2HSiCl |
35 °C |
Dichlormethylsilan |
(CH3)HSiCl2 |
41 °C |
Chlortrimethylsilan |
(CH3)3SiCl |
57 °C |
Trichlormethylsilan |
(CH3)SiCl3 |
66 °C |
Dichlordimethylsilan |
(CH3)2SiCl2 |
70 °C |
Trichlortrimethyldisilan |
(CH3)3Si2Cl3 |
152 - 156 °C |
Tetrachlordimethyldisilan |
(CH3)2Si2Cl4 |
152 - 156 °C |
Höhere Silane |
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> 156 °C |
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Die linke Abbildung zeigt den
typischen Aufbau einer Destillationskolonne mit Glockenböden (das
Bild zeigt eine Kolonne für die Fraktionierung von Erdöl).
Bei der Silandestillation sind Kolonnen mit bis
zu 200 Böden und einem Rücklaufverhältnis von 1:500 nötig. Wegen
Gefahr eines Wasserdurchbruchs werden sie mit Luft gekühlt!
Probleme tauchen bei der Trennung von Trichlormethylsilan
und Dichlordimethylsilan auf, da sich deren Siedepunkte nur um 4 °C unterscheiden. Um hier entsprechende Reinheitsgrade zu erhalten,
ist nach der ersten Rohsilandestillation noch eine zweite Feindestillation
notwendig.
Des weiteren sind azeotrope Gemische von Chlortrimethylsilan
und Tetrachlorsilan problematisch hinsichtlich ihrer Trennung.
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Hochsiedende Nebenprodukte können mit HCl unter katalytischem
Einfluss von Aminen zum bevorzugten Produkt Dichlordimethylsilan umgesetzt
werden. Ebenso können Chlormethylsilane durch Behandlung mit AlCl3 in das gewünschte Dichlordimethylsilan überführt werden. Dabei findet
zwischen (CH3)3SiCl und CH3SiCl3 eine Komproportionierung statt.
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